Von der Groszen Rolle -
Das Lumpenhauskollektiv zeigt
vom 6. bis zum 23. September 2012
in der PAPIERFABRIK HOHENOFEN und in der serendipity gallery im Kunsthaus ACUD enstandene Werke.
Folgende Mitglieder des Kollektivs erstellten die Schau:
Caroline Stricker,
Heiko Rudnick,
Carina Slavik,
Ingo Albrand,
Claudia Stricker,
Sybille Stragies,
Dondestan
Ein bizarrer Materialberg, verrückte Skulpturen, undefinierbare Landschaftsfragmente, wüste Kakophonien nie gehörter Töne entstehen im ehemaligen Lumpenhaus der Papierfabrik Hohenofen.
Drei bis vier mal im Jahr "wütet" das wilde Kollektiv in der Abgeschiedenheit des ländlichen Brandenburg.
Was dort entsteht ist nun in der serendipity gallery im Kunsthaus ACUD zu besichtigen.
Seit fünf Jahren lässt das Lumpenhaus Kollektiv in der ehemaligen Papierfabrik Hohenofen in mehrtägigen Sessions Malerei und Performance, Puppenspiel und Musik entstehen.
Die unrenovierten Räume der Industrieruine bieten dem Künstlerensemble, das aus 15 Mitgliedern besteht, einen Rahmen,
der einen rauschaften und gelegentlich auch von Rauschmitteln begleiteten Prozess in Gang setzt.
Spielerisch Unverkrampftes entsteht auf Leinwand, Instrumenten und im gegenseitigen Zusammenwirken.
Ohne Rücksicht auf die Präsentierbarkeit des Ergebnisses und die Vermarktbarkeit der entstandenen Produkte steht der gemeinsame Schaffensprozess im Vordergrund.
So knüpft das Kollektiv ein Band zu Sessions und Happenings, die sich als roter Faden durch die neuere Kunst ziehen.
Fluxus und Flower Power erscheinen plötzlich nicht mehr als verblichener Hippietraum, sondern erblühen neu in trashigem Gewand.
Nicht so blutbefleckt wie Hermann Nitsch und frei von unbotmäßiger Sexualität entstehen beim Lumpenhaus Kollektiv Werke,
die in ihrer unverkrampften Offenheit dennoch ungemein sexy wirken.
Die Möglichkeit einer spielerischen Kunst, frei von Verwertungszwängen und Marktrationalitäten wird sichtbar.
Die Fabrik Hohenhofen kennzeichnet eine wechselvollge Geschichte.
Als Eisenhüttenwerk entstanden, bot sie den Nazis später Platz für eine geheime Produktion von Flugzeugteilen um dann einer sozialistischen Produktion,
die aus Lumpen Papier herstellte, als Produktionsstätte zu dienen.
Heute stehen dort die verfallenden Maschinen und einige verbliebene große Papierrollen, die übrig geblieben sind und von vergangenem Schaffen noch künden.
Nach dem Ende des Sozialismus verfiel der Ort, der seine industrielle Funktion eingebüßt hatte. Nun belebt ihn das Lumpenhaus Kollektiv neu.
Während der Vernissage fand eine Performance statt, bei der in Lumpenhaus-typischer Manier ein wüstes Chaos aus Materialien, Musik und Aktionen letztlich in einer bezaubernden Gesamtkollage endet.
"Der offene Prozess der Arbeit dieses Kollektivs lässt sich in Verbindung mit Musik am besten abbilden: Die stets einsatzbereiten Instrumente dieses Orchesters aus Malern, Kollagisten, Tüftlern und Skulptören werden in den Schaffensphasen in wechselnden Besetzungen gespielt und nur von wenigen Nachtruhestunden und notwendiger Nahrungsaufnahme unterbrochen. Ein weit mäandernder Fluss aus Crescendi und Decrescendi gießen schaffende Energie in den Raum, locken lächelnd zum weiter werken, fordern mehr ein, mehr Farbe, mehr Klang, mehr Platz, fordern die Geste zum Mut heraus, verwerfen Wahrheiten des Ewigen und den Glauben an Bestand. Es ensteht das Gewölbe des Gesamtkunstwerkes, in dem sich das Lumpenhaus Kollektiv artikuliert, das deshalb ganz ist, weil es Prozess bleibt, aus Prinzip und Lust. Scheinbare Wagneropersamples, von Folkrock zersetzter Jazz mit feinster Interpunktionsverschiebung der Rythmen, Beats als Lot ins Chaos, treibende bis meditative Loops, die die urbane Hörerfahrungswelt mit ursprünglichem Tanz verbinden, pulsieren, wabern, zacken den Fluß der Zeit. Der Schaffensprozess ist idealiter vom dionysischen Prinzip durchdrungen. Die langjährige Vertrautheit und Kontinuität der Künstler mit den geführten Diskursen und der gemeinsamen Arbeitsweise lässt die Klarheit der Klärwojongs erstehen, die den Betrachter der Bilder, Skulpturen und Assemblagen unmittelbar erreicht.", so der anonyme Philosoph nach Besuch der Werkstätten des Lumpenhaus Kollektivs.
fotos: pipri, albrand