serendipity gallery
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Zur Wiedereröffnung der Galerie im ACUD

   Zur Wiedereröffnung der Galerie im ACUD als serendipity gallery wurden die Künstler aufgefordert, sich in Verhältnisse zu setzen:
zur Welt, zur Gesellschaft, zu ihrem Anspruch an das Leben, zur Kunst im Wortsinn d.h. zur Kunde oder zur Verkündigung des Schaffens.
Auch nach den formalen Verhältnissen der Produktion wurde gefragt, ebenso erging die Aufforderung, Kunstwerke im Verhältnis zu anderen Werken zu betrachten.

   15 bildende Künstler haben mit den Werken, die dazu gezeigt wurden und die im dritten Teil gezeigt werden geantwortet:
Der Versuch sich ins Verhältnis zu setzen, gebar zunächst Darstellungen der Zerrissenheit der Leiber, der Empfindungen, der Wahrnehmungen in verschiedene Werkstoffe des Seins, der Fragmentierung des Ich darin. Bis an die Grenzen des Zusammenhaltes sind wir gespreizt: Innen im Spektrum zwischem Funktion und Emotion, nach außen zwischen den Erwartungen, den Konformitäten und dem Privaten, dem Heim. Eine gelinde Verzweiflung war spürbar im Bestreben, Verhältnissetzung erfahrbar zu machen. Auf Leerstellen in und an den Werken wurde beharrt, die Frage nach Bezügen zu Umwelt ging schon fast zu weit, bleiben wir privat oder abstrakt – über die Abgrenzung hinaus ginge höchstens noch unser Vorstellungsvermögen.

   Sind das materiegewordene Momente, ist das Seelenfängerei? Vieles scheint zu abstrakt – hat sich die Kunst schon vollständig von der Verständigung gelöst? Einmal kam einer rein, der war von den Schriftzeichen angezogen, aber als er erkennen musste, dass dies alles ihn heimsuchen, ihn rütteln, ihn ängstigen, ihn werfen und wachsen lassen konnte, wenn er nicht aufpasste, floh er rückwärts, über einen Zylinder stolpernd, der dort vorher noch nicht stand, verstieg sich und bekannte: „Das ist nicht meine Sprache. Ich bin statistisch nicht relevant.“
Die Kunst hatte ihn erreicht. Fast.

   Intimste Geschichte wurde ausgebreitet auf dem Boden als ein der gemeinen Beobachtung preisgegebener Altar, die Zusammensetzung des Körpers wurde als kleinster Nenner herangezogen um ein Ganzes darzustellen, Malmittel spiegeln die Flüssigkeiten und ihre Wege im Körper, verraten so viel über den einen, der sich das traut, die Hemmungen und Verworfenheiten darin mit zu offenbaren – immer für den der es sehen will und erkennen kann. Zu nah ging das dem einen, so fremd bleibt es dem andern aus den gleichen Gründen. Die Werke fordern den Eintritt, dazu eine Offenheit mitzubringen ist uns nicht selbstverständlich. Der Kunde muss das Ohr geliehen werden. Vielleicht bekommt man es nicht zurück.
Verdrängung passierte quasi automatisch mit, niemand mag sich so ohne weiteres in fremde Verhältnisse rücken lassen, in denen das Selbstbild nicht dem entspricht, was man zu erkennen glaubt. Das Mittel zur Verdrängung ist die Wertung: zu viel rot, keine Proportionen, Kunst käme vom Können und das sei hier nicht sichtbar (nebenbei gesagt eine Haltung die Joseph Göbbels einst aufgeworfen hat), aus der Mode, ein Sammelsurium und dergleichen mehr. Dem Kündenden, so sehr er strahlen mag, dass ihm das Werk entkommen, so sehr er sich wundern mag, dasz ihm dies Werk entsprechen sollte - es muss ihm ein Pelz an der Stelle wachsen, wo die Kunde nicht gehört wird. Er sollte ja auch nicht missionieren oder imponieren, den Kindchen ein Brosam verklärenden Gleichmutes zu reichen. Er hatte etwas mit zu teilen. Das wars.

   Aus Installationen, - aus fernen Vergangenheiten leuchtet es in unsere Zeit hinein, über jede Zeit hinweg, friedlich sprechend von der verheerenden Hitze, die was entstanden ist kristallhart von dessen Umgebung abgrenzt, wie Wuchs aus dem verbliebenen Rest organischer Würde. Strahlend - so will man ja auch nicht ständig angeredet werden.

   Aus anderen Bildern, - dann trat die Masse hervor, aus der Uns etwas wurde, in der wir uns befinden, in die wir uns einfinden, zu der wir werden, die zu einem Wir wird. Von uns erfunden sind wir zu Gestalten geworden, kopflos, verteilt.

   In Skulpturen und Bildern, - noch sitzen wir uns zum Schrecken als zurückgelassene Puppen herum. An unerwarteten Stellen spüren wir Fäden, mit denen der Puppenspieler uns zum Zucken bringt. Der Versuch, seinen Gesichtsausdruck zu erkennen, bringt uns zum Schwanken ob der Perspektivlosigkeit. Das hatten wir uns nicht unter Boden vorgestellt. Aber wir wissen es nicht. Es kann auch ein Fluss gewesen sein. Die da lachen uns aus. Wir halten es aus. Wir betrachten sie, oder? In anderen Bildern, - in Schichten liegen wir unseren Plänen zugrunde. Knechten uns in willfährigen Rollen, teilen sie mühsam vom verblieben Rest ab, über den wir nicht gern so ganz offen sprechen. Über wen auch gleich, besser man verbleibt bei den Dingen, den Dingen. Man kann sie sammeln und hüten.

   In anderen Bildern, -so träumen wir uns, als die wir sind. Erhabenheit liegt nur im Alp, der in der Ahnung über der Nacktheit hängt. Guck da nicht hin. Ich will aber. Es stöszt mich ab. Es schaudert. Die Fingernägel spielen an der stets heilenden Wunde. Du sollst das doch nicht. Es gelingt, sich abzuwenden.

   Einen Moment der Kompassion teilen wir mit den Zweien, die armteufelnd in ewigen Pärchenstreit verbleiben, warten auf die Teufelei, die Fratze, die lacht und nicht aufhört. Zum Tanze fordert.

   Die Verhältnisse stehen offen, widersetzen sich, offenbaren weitere Einzelheiten und Zusammehänge, öffnen sich Fortsetzungen des Erzählten.

Auf das Kommende, Freunde.

P.S.:
Besucher enters I was looking for the paintings.
Galerist You are sitting on my book.
Kunde Sorry, mate. Where is the toilet?

Mit Musik, Literatur & Performance von
Andreas Arend,
Regina Jacobi,
Mikael Vogel,
Alexander Graeff,
Richard Rabensaat,
Ernesto Schnack,
Erik Drescher,
Reecy Pontiff,
Institut für Pataphysik
& Lumpenhaus Kollektiv